Projekte im Spotlight

In 4 abgeschlossenen Förderaufrufen wurden bislang 71 Projekte bewilligt - davon 56 “reguläre” und 15 sogenannte Kleinprojekte (eine Übersicht über alle Projektwebsites finden Sie hier). Auf dieser Seite stellen wir Ihnen regelmäßig laufende Projekte vor (zuletzt aktualisiert: 22.01.2025)

Sturzflutereignisse – auch Flash Floods genannt – sind plötzliche Überschwemmungen, die innerhalb kürzester Zeit auftreten. Sie entstehen meist durch intensive Regenfälle, die in kürzester Zeit große Wassermengen freisetzen, welche das natürliche Aufnahmevermögen des Bodens und der Flüsse überschreiten. Häufig treten sie in Gebieten auf, wo Böden bereits gesättigt sind oder urbane Strukturen das Abfließen behindern. Diese Ereignisse können verheerend sein und führen zu schweren Schäden an Infrastruktur, Eigentum und bedrohen Menschenleben. Die Warnzeiten sind oft sehr kurz, was Sturzfluten besonders gefährlich macht. In Nordwesteuropa sind insbesondere stark versiegelte Ballungsgebiete, Poldergebiete (tiefliegende Landflächen, die durch Deiche oder Dämme vor Überflutung geschützt werden) sowie tief eingeschnittene Täler (siehe bspw. Ahrtal) Risikogebiete für Sturzflutereignisse. 

Katastrophenresilienz stärken
Um voneinander zu lernen und gemeinsam ihre Resilienz gegen Sturzflutereignisse zu stärken, haben sich 14 Partner aus sieben nordwesteuropäischen Risikogebieten (Emscher-Lippe, Limburg & Nordholland, Wallonien & Flandern, Irland, Moselle) im Projekt “FlashFloodBreaker” (Link) zusammengeschlossen. Das Projekt wurde im November 2023 im zweiten Call bewilligt und wird von der Emschergenossenschaft/Lippeverband (EGLV) mit Sitz in Essen und Dortmund geleitet. Es ist neben ResNRJWater (Link) das zweite Leadpartnerprojekt der EGLV in Interreg NWE. Weitere deutsche Partner sind die Feuerwehr Duisburg und die RWTH Aachen (Institut für Wasserbau & Wasserwirtschaft).
Im Rahmen des Projektes werden mehrere Aspekte des Katastrophenmanagements adressiert. Zum einen erarbeiten die Partner technische Lösungen zur Sturzflutmodellierung & Echtzeitvorhersage, um schnellere Reaktionen & Maßnahmen zu ermöglichen. Dazu gehört auch der Aufbau von „responsive flood communities“ für ein effizienteres Krisenmanagement durch lokale Behörden und Hochwasserschutzorganisationen. Zum anderen werden im Rahmen gemeinsam entwickelter Fortbildungen nicht nur lokale Einsatzteams trainiert, sondern auch Anwohner:innen geschult, angemessene Schritte im Risiko- bzw. Katastrophenfall einzuleiten. Zu guter Letzt münden die Projekterkenntnisse in einer transnationalen (transferierbaren) Strategie zur Stärkung der Resilienz gegen Sturzflutereignisse, die passende Maßnahmen für verschiedene Raumtypen (Ballungs-, Polder- und Talgebiete) skizziert.

FlashFloodBreakers in Aktion: Gemeinsame Hochwasser-Übung in Duisburg
Um innovative Methoden des Hochwasserschutzes praktisch zu erproben, fand Ende September 2024 in Duisburg ein gemeinsames Training von Einsatzteams aus Deutschland (Feuerwehr Duisburg, THW), Frankreich (Sapeurs-Pompiers Moselle), Belgien (Pompiers – Zone de Secours Vesdre-Hoëgne & Plateau) und den Niederlanden (Brandweer, STOWA) statt. Bestandteil des Trainings waren z.B. verschiedene Manage-mentstrukturen, die Nutzung von Pumpsystemen und Sandsäcken – die je nach Land bspw. anders geschichtet werden –, oder die Nutzung sogenannter „Sandsackersatzsysteme“ (Mobildeich, Aquariwa). „Im baulichen aber auch betrieblichen Bereich gehört Deichverteidigung zum Hochwasserschutz dazu. Wir haben Deichläufer, die im Hochwasserfall den Deich in drei Schichten kontrollieren und die sich heute austauschen und vernetzen können mit Feuerwehr und THW, aber auch mit internationalen Partnern”, erklärt Dr. Maren van der Meer (EGLV).

Das gemeinsame Training dient dabei nicht nur dazu, eigene Methoden zu optimieren, sondern auch grenzüberschreitende Einsätze reibungsloser zu gestalten. Hierbei helfen u.a. bildhafte Kommunikationsansätze, denn „wir haben festgestellt, dass das Sprachengemisch aus englisch, deutsch und französisch bei koordinierten Arbeiten recht kompliziert wird, und dass Karten & Bilder bei der Kommunikation der Aufgaben mit internationalen Partnern gut funktionieren” (Marian Booltink, STOWA). Auch „softe“ Skills – interkulturelle Kompetenzen und ein Wissen um unterschiedliche Ansätze – helfen, Missverständnisse im Krisen-fall zu vermeiden: „wir haben zwar nicht die gleiche Uniform, aber wir arbeiten gemeinsam daran diese Herausforderungen der Zukunft anzugehen“ (Commandant Oberhauser, Sapeurs Pompiers de la Moselle)

Projektsteckbrief

  • Budget: 11,9 Mio. €, davon 7,2 Mio. € aus EFRE-Mitteln
  • Laufzeit: Januar 2024 – Juni 2028 (54 Monate)
  • Priorität 1:  Klima und Umwelt
  • Konsortium: EGLV (LP), 13 weitere Partner aus DE, FR, BE, IE, NL und LU
  • Projektwebseite: FlashFloodBreaker
  • Projektkoordinatorin: Marie-Edith Ploteau (Mail)
  • Kurzfilm zur gemeinsamen Hochwasserschutz-Übung: EGLV - Transnationale Hochwasserübung (Youtube-Link)

Big Data für Milchviehbetriebe

Milchviehbetriebe - insbesondere kleine und mittelgroße Betriebe - sind Schlüsselakteure für Tierwohl und Klimaresilienz. Viele Höfe stehen aber unter einem enormen Preis- und Arbeitsdruck und profitieren kaum von den Vorzügen und Arbeitserleichterungen, die die digitale Transformation und “farming 4.0” bietet. Das Interreg NWE-Projekt “HoliCow” (Link) unterstützt ebendiese Betriebe, indem bestehende Big Data-Lösungen auf die Bedürfnisse kleiner und mittelgroßer Höfe angepasst, mit lokalen und regionalen Daten gespeist und Bauern in der Nutzung dieser Angebote und der Umstellung auf effizientere, digitalisierte Arbeitsabläufe unterstützt werden. Die Daten erfassen dabei nicht nur die Gesundheit einzelner Kühe und Herden, sondern auch Milchproduktion, Methanproduktion, Fütterung, Fruchtbarkeit sowie Temperatur- und Wetterdaten. Ziel ist es, durch ganzheitliches Datenmanagement und niedrigschwellige, app-basierte Entscheidungshilfen die Resilienz und Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu stärken und so - im Sinne einer “Farm2Community” - Landwirtschaft im Kern der Gemeinschaften zu verankern. Das Projekt baut auf NWE-Vorgängerprojekten wie Optimir (Förderperiode IV 2007-2013) und HappiMoo (Link; Förderperiode V 2014-2020) auf. 

HoliCow - Pilotbetriebe 

Pilotbetriebe aus dem gesamten NWE-Programmgebiet sind in die Ausarbeitung der Datenmanagementsysteme und Apps eingebunden. Eine Vorstellung der Betriebe und Einblicke in ihre bisherigen Eindrücke vom Projekt finden Sie auf Youtube auf dem Kanal des Projektes (Link) oder beim Klick auf das Bild. 

Nutzung von Kunstdünger reduzieren 

ReNu2Cycle wurde im Frühjahr 2023 im ersten Förderaufruf bewilligt und wird federführend von der IZES gGmbH mit Sitz in Saarbrücken geleitet. Weitere deutsche Partner sind die niedersächsischen Landkreise Heidekreis und Rotenburg (Wümme) sowie das 3N-Kompetenzzentrum (Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe). 
Düngemittel enthält drei essentielle Nährstoffe für Pflanzen – Nitrate, Phosphate, Kalisalze. Der Großteil des in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzten Düngers wird synthetisch hergestellt (Kunstdünger) und besteht aus Mineralien, die aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden. Die drei essentiellen Düngernährstoffe können jedoch auch aus anderen Rohstoffen gewonnen werden – bspw. aus Jauche, Grünschnitt oder Klärschlamm (siehe auch das Interreg NWE VB-Projekt Phos4You). 

Abhängigkeit von Düngemittelimporten eindämmen

Jährlich importiert die EU über 6 Millionen Tonnen konventioneller Düngemittel – dem möchte ReNu2Cycle entgegenwirken, denn „diese Abhängigkeiten zeigen aktuell mehr als deutlich ihre negativen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit von Düngemitteln, die Preisstabilität und weiterhin auf die Umwelt aufgrund der hohen energie- und ressourcenintensiven Produktion im Ausland“, wie die Projektkoordinatoren Bernhard Wern und Katja Weiler (IZES gGmbH)  betonen. Hier reiht sich das Projekt in Zielsetzungen und Richtlinien auf europäischer Ebene ein, die den Übergang zu recycelten Düngemitteln ermöglichen und Nährstoffkreisläufe stärken sollen – zu nennen ist hier bspw.  der European Green Deal mit der „Farm to Fork Strategie“, den Soil Deal oder die EU Fertilizer Products Regulation. 

Nährstoffpotentiale: Regionale Unterschiede im NWE-Programmgebiet

Hier bestehen aus Sicht der Projektleiter sowohl Nachholbedarf als auch ungenutzte Potenziale in der „bedarfsorientierten Verknüpfung von sogenannten 'Nährstoff-Nachfrageregionen‘ und potenziellen Versorgungsregionen“, denn „nährstoffarme Regionen wie Luxemburg, Nordfrankreich, Wallonien und das Saarland haben einen hohen Importbedarf an Nährstoffen. Umgekehrt produzieren viele Regionen in NWE – bspw. die Bretagne, Flandern, Weser-Ems, Bremen, Nordrhein-Westfalen und die Niederlande  – überschüssige Nährstoffe, die in Form nicht-recycelter Rohstoffe verloren gehen und somit den nährstoffarmen Regionen nicht zur Verfügung stehen.“ Angestrebt wird daher eine ausgeglichene „interregionale zirkuläre Düngemittel-Wertschöpfungskette“ und die Erarbeitung einer transregionalen Strategie zu recycling-basierten Düngemitteln.  Hierzu gehört auch die Stärkung von (überregionalen) Wertschöpfungsketten im Bereich Düngemitteln, bspw. durch Living Labs, die Stakeholder aus dem Abfall- und Düngemittelsektor in die Erarbeitung von Lösungen und die Adressierung von Bottlenecks einbeziehen.   

Auf Vorwissen und Partnerschaften aufbauen – von Renu2Farm zu ReNu2Cycle 

In diesem Vorhaben starten die Partner von ReNu2Cycle nicht bei Null, sondern bauen auf Erfahrungen aus dem Vorgängerprojekt  ReNu2Farm (Interreg VB NWE, 2017-2023) auf. Die Projektkoordinatoren empfinden es als großen Vorteil, dass das Partnerkonsortium, „bereits sehr gut aufeinander eingestellt“ sei, sowie die fachliche Expertise der Partner. Zudem hat ReNu2Cycle als Nachfolgeprojekt bereits „eine hohe Strahlkraft in der europäischen Wissensgemeinschaft.“ Eine ganz neue Herausforderung in ReNu2Cycle ist aus Sicht von Bernhard Wern und Katja Weiler wiederum „die Einbindung von Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette“, also vom Abfallbereich über Logistik bis hin zur Vermarktung  von Düngemitteln genannt, die für einen systemischen Wandel notwendig ist. 

Ein Tipp für Interreg-Neulinge  

Was empfehlen die Projektkoordinatoren neuen Lead- oder Projektpartnern?  „Vernetzen Sie sich mit bereits laufenden Projekten und Aktivitäten in den Regionen. In Synergie überwinden wir schneller die bestehenden Hemmnisse bei der Transformation hin zu einer kreislauforientierten und defossilisierten Gesellschaft.“


ReNu2Cycle – REcycling of NUtrients to close the fertiliser CYCLE

  • Budget: 6,0 Mio. €, davon 3,6 Mio. € aus EFRE-Mitteln
  • Laufzeit: Juli 2023 – Juni 2027 (48 Monate) 
  • Priorität 3:  Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft
  • Konsortium: IZES gGmbH (LP), 12 weitere Partner aus DE, BE, IE, NL und LURe

In der aktuellen Förderperiode (2021-2027) wurden bislang 31 „reguläre" und 15 Kleinprojekte bewilligt - eine Übersicht finden Sie hier. In unserem Newsletter und dieser Rubrik bieten wir Ihnen regelmäßig Einblick in spannende Projekte. Heute starten wir mit dem Projekt CASCADE ( Circular Conversion Cascades to Transform Residual Biomass to Carbon Products), das im Frühjahr 2023 im ersten Förderaufruf (Call 1) bewilligt wurde. CASCADE wird von der Universität Kassel (Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaft) geleitet, unter maßgeblicher Mitwirkung von blinc (blended learning institutions cooperative, mit Sitz in Göttingen). Weiterhin beteiligt sind u.a. die Gemeinde Enschede (NL), die Irish Bioenergy Association und Kiemkracht, ein flämischer Verein für grüne Dienstleistungen.

Aus Biomasse Aktivkohle gewinnen und einsetzen - Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten

Ziel von CASCADE ist es, die Verschwendung von 37 Mio Tonnen Restbiomasse (z. B. aus Grünschnitt, Abfall) pro Jahr in NWE zu reduzieren. Frühere Projekte – insb. THREE-C und REDIRECT (beide Interreg V B NWE) – haben gezeigt, dass große Teile dieser Biomasse in Biokohle umgewandelt werden und in diversen Produkten und Materialien wie Blumenerde, oder Asphalt fossile Kohle und Torf ersetzen können. Um solche CO²-negativen Produkt- und Wertschöpfungsketten für Biomasse/Biokohle zu schaffen, fehlen jedoch oftmals regionale Managementsysteme. Entsprechend sollen in den sieben beteiligten Regionen in Frankreich, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Irland ganzheitliche, maßgeschneiderte Wertschöpfungsketten für Biomasse/Biokohle eingeführt werden (Arbeitspaket 1). Diese Prozesse werden von einem neu einzurichtenden CASCADE Centre of Excellence & TechLab (situiert zwischen Kassel und Göttingen) kontinuierlich überprüft und im Rahmen von Best Practices Follower-Regionen zugänglich gemacht (Arbeitspaket 2). Weiterhin werden Projekterkenntnisse im Rahmen von Schulungen und Citizen Science-Programme an relevante Zielgruppen – Fachexpert:innen, privatwirtschaftliche Betriebe, aber auch Bürger:innen – vermittelt (Arbeitspaket 3).

Kompetenz- und Netzwerkaufbau - über Projekte und Förderperioden hinweg

Mit CASCADE zeigt sich, wie aus einer Anfangsidee ein über mehrere Projekte und viele Jahre wachsendes Kompetenz- und Kooperationsnetzwerk entstehen kann. Bereits das in der Förderperiode VB bewilligte Projekt RE-DIRECT (2016-19) untersuchte, welche Ausgangsmaterialen und Prozesse sich für die Umwandlung von Biomasse in Biokohle eignen (siehe Interview des BBSR mit Prof. Michael Wachendorf). Dank der Adsorptionsfähigkeit von Biokohle existieren zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten zur Entfernung unerwünschter Farb-, Geschmacks- und Geruchsstoffe aus Gasen, Dämpfen und Flüssigkeiten. Im Folgeprojekt THREE-C (2019-23) wurden daher auf Biokohle basierende hochwertige Produktlinien u. a. für die Wasser- und Abwasserbehandlung, Tierhaltung, Landwirtschaft und Energiegewinnung entwickelt und implementiert.

Praktische Anwendungsfälle für Produkte basierend auf Biokohle:

  • als CO²-negativer Ersatz für klassischen Asphalt 
  • als Filtersubstrat in Pflanzenkläranlagen
  • zur Anreicherung von Böden (Erhöhung des Wasserspeichervermögens, der Nährstoffumsetzung, der Mineralstoffaufnahme etc.)
  • als Filter zur Reinigung von Niederschlagswasser von Spurenelementen und Verunreinigungen
  • als Ersatz für „klassische“ Kohle als Heiz- und Grillmaterial oder als Energieträger
  • als Arzneimittel bei Vergiftungen oder Durchfall
  • als Zusatz in Kosmetika, Zahnpasta und Lebensmitteln