DNA Stränge

Gentechnik

Begriffsbestimmung

Die Gentechnik ist ein Teil der Biotechnologie. Die Gentechnik ermöglicht es, Erbinformationen (Nukleinsäuresequenzen) unterschiedlicher Herkunft gezielt neu zu kombinieren, in geeigneten Wirtszellen zu vermehren und zu exprimieren. Das Gentechnikrecht unterscheidet drei Formen der Verwendung derartiger gentechnisch veränderter Organismen (GVO):

In gentechnischen Anlagen werden GVO in einem geschlossenen System gehandhabt. Dabei kann es sich um Laboratorien, Produktionsanlagen, Tierställe oder Gewächshäuser handeln. Gentechnische Arbeiten dürfen nur in gentechnischen Anlagen durchgeführt werden, die von der zuständigen Behörde zugelassen sind und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aufweisen. Dabei soll durch technische, organisatorische und biologische Sicherheitsmaßnahmen verhindert werden, dass GVO in die Umwelt gelangen oder Beschäftigte gefährden. Grundsätzlich werden bei Arbeiten mit GVO vier Sicherheitsstufen unterschieden:

Der Sicherheitsstufe 1 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft nicht von einem Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist.

Der Sicherheitsstufe 2 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem geringen Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist.

Der Sicherheitsstufe 3 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem mäßigen Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist.

Der Sicherheitsstufe 4 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem hohen Risiko oder dem begründeten Verdacht eines solchen Risikos für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist.

Die jeweils im Regelfall einzuhaltenden Sicherheitsmaßnahmen sind im Anhang der Gentechniksicherheitsverordnung festgeschrieben und sind umso anspruchsvoller, je größer das Risikopotential der gehandhabten Organismen ist. Für den Einzelfall können vom Betreiber bzw. von der zuständigen Behörde zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen festgelegt werden. In bestimmten Fällen kann aufgrund des Zustimmungs- / Genehmigungsbescheides auch von bestimmten Standardmaßnahmen abgesehen werden.

Warnsymbol für Biogefährdung

Bei einer Freisetzung handelt es sich um einen zeitlich und räumlich begrenzten Freilandversuch mit GVO. Sie wird typischerweise mit gentechnisch veränderten Pflanzen durchgeführt, nachdem im Labor und Gewächshaus genügend Informationen über die neu erzeugte transgene Pflanze gesammelt wurden. Durch geeignete Maßnahmen (z.B. Entfernung von Blüten, Durchwuchsbekämpfung, Sicherheitsabstände) wird die zeitliche und räumliche Begrenzung sichergestellt. Sämtliche Freisetzungen werden im Standortregister des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) veröffentlicht.

Unter dem Inverkehrbringen von GVO oder Produkten, die GVO enthalten, versteht man die Abgabe von GVO an Dritte und das Verbringen von GVO in den Geltungsbereich des Gentechnikgesetzes, soweit diese nicht für gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen oder genehmigte Freisetzungen bestimmt sind. Auch für das Inverkehrbringen von GVO ist eine Genehmigung erforderlich, der ein EU-weites Zulassungsverfahren vorausgeht. Der Antrag ist bei der zuständigen nationalen Behörde zu stellen, in Deutschland beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Sämtliche Anbaustandorte zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen sind ebenfalls im Standortregister des BVL veröffentlicht.

Anwendungsgebiete der Gentechnik

Die Gentechnik als Teilbereich der Biotechnologie kommt in einer Vielzahl von Branchen zur Anwendung. Im Wesentlichen lassen sich dabei drei große Anwendungsbereiche unterscheiden.

Von „Roter Biotechnologie“ spricht man bei Anwendungen der Gentechnik in der Medizin zur Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren und von Arzneimitteln.

„Grüne Biotechnologie“ bezeichnet den Einsatz gentechnischer Verfahren in der Pflanzenzüchtung sowie die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft und im Lebensmittelsektor.

Unter „Weißer Biotechnologie“ wird die Nutzung gentechnisch veränderter Mikroorganismen zur Herstellung von Enzymen oder Feinchemikalien für industrielle Zwecke verstanden.
Darüber hinaus ist die Gentechnologie in der biologischen Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken und kommt in nahezu allen biologischen Fachrichtungen zum Einsatz.

Über ein Viertel aller auf dem Markt befindlichen Arzneimittel werden heute mit Hilfe gentechnologischer Verfahren hergestellt. Sie werden bei unterschiedlichen Krankheiten eingesetzt, wie z.B. Zuckerkrankheit (Insulin für Diabetiker), Blutarmut, Herzinfarkt, Wachstumsstörungen bei Kindern, verschiedenen Krebsarten und der Bluterkrankheit (Hämophilie).

Mit therapeutischen Anwendungen der Gentechnik, der sogenannten Gentherapie, wird versucht, Gendefekte und Fehlregulationen von Genen auszugleichen. Hierzu werden intakte Gene in Zellen mit Gendefekten eingeschleust oder die Aktivität von Genen beeinflusst. Beispiele für Krankheiten, die auf Gendefekten beruhen, sind die Phenylketonurie oder die Mukoviszidose. Die Gentherapie befindet sich jedoch derzeit noch im Forschungsstadium.

In der Landwirtschaft werden Nutzpflanzen gentechnisch „optimiert”. Dabei werden beispielsweise Resistenzen gegen Pestizide (z.B. Glyphosat oder Glufosinat) oder Resistenzen gegen Schädlinge eingebaut. Weitere Möglichkeiten bestehen darin, Pflanzen gegen bestimmte Schadstoffe wie z.B. Schwermetalle widerstandsfähiger zu machen oder sie besser an extreme Umweltbedingungen wie Hitze, Trockenheit oder hohen Salzgehalt des Bodens anzupassen. Bisher ungeeignete Standorte könnten so für den Anbau nutzbar gemacht werden. Schließlich gewinnt auch die Optimierung von Inhaltsstoffen an Bedeutung. Dabei kann es sich um die Verbesserung von ernährungsphysiologischen Eigenschaften (z.B. koffeinfreier Kaffee, glutenfreier Weizen, Reis mit erhöhtem Vitamin A-Gehalt) oder um die Optimierung industriell interessanter Inhaltsstoffe handeln (z.B. Optimierung der Stärkebestandteile bei Kartoffeln).

Weltweit wurden 2004 bereits 81 Millionen ha gentechnisch veränderter Pflanzen angebaut, hauptsächlich in den USA, Argentinien, Kanada, Brasilien und China.

In der Industrie kommt die Gentechnologie bei der Herstellung von Enzymen und Feinchemikalien zum Einsatz. So werden nahezu alle Waschmittelenzyme mittlerweile mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt. Futtermittelzusätze sowie Vitamine, Zusatz- und Hilfsstoffe für die Lebensmittelindustrie sind ein weiteres Einsatzgebiet. Hier können z.B. Konservierungsstoffe wie Nisin und Natamycin, die Geschmacksverstärker Glutaminsäure und Inosinsäure, der Aromastoff Vanillin sowie die Vitamine B12, B2 und C mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert werden.

Aufgaben im Bereich Gentechnik / Überwachung

Die Aufgaben der Gewerbeaufsicht im Bereich Gentechnik umfassen:

  • Durchführung von Anzeige-, Anmelde- und Genehmigungsverfahren für gentechnische Anlagen
  • Risikobewertung und Sicherheitseinstufung gentechnischer Arbeiten
  • Anlassunabhängige, wiederkehrende Begehungen von gentechnischen Anlagen
  • Probenahmen in gentechnischen Anlagen
  • Schwerpunktaktionen zu bestimmten Themen im Rahmen von Programmarbeiten
  • Begleitung bei Freisetzungen und Anbau von GVO einschließlich Probenahme
  • Probenahme und Analyse auf GVO bei landwirtschaftlichen Produkten, die zu technischen Produkten verarbeitet werden sollen (z.B. Biodiesel aus Raps)

Die Einhaltung des Gentechnikgesetzes und seiner Verordnungen wird von der zuständigen Behörde im Rahmen eines Überwachungskonzeptes regelmäßig überprüft.

Werden der Behörde im Rahmen der Überwachung von gentechnischen Anlagen und Arbeiten Verstöße gegen die Regelungen des Gentechnikgesetzes und seiner Rechtsverordnungen bekannt, so kann sie im Einzelfall Anordnungen treffen, um die Beseitigung festgestellter oder die Verhütung künftiger Verletzungen zu gewährleisten oder auch den Betrieb der gentechnischen Anlage ganz oder teilweise untersagen.

Auch eine Freisetzung kann ganz oder teilweise untersagt werden, wenn die erforderliche Genehmigung nicht vorliegt, ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Genehmigung gegeben ist, gegen Nebenbestimmungen oder nachträgliche Auflagen verstoßen wird oder die vorhandenen sicherheitsrelevanten Vorkehrungen nicht oder nicht mehr ausreichen.

Im Gentechnikrecht und seinen Verordnungen werden eine Vielzahl von Tatbeständen genannt, die bußgeldbewehrt sind oder einen Straftatbestand darstellen. So kann eine Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € geahndet werden. Strafrechtlich können Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren verhängt werden.

Gentechnik in Rheinland-Pfalz

Gentechnische Anlagen

In Rheinland-Pfalz sind rund 200 gentechnische Anlagen zugelassen. Der weitaus größte Teil der gentechnischen Anlagen wird zu Forschungszwecken betrieben. Nur wenige Anlagen dienen der gewerblichen Nutzung.

Etwa 70% aller gentechnischen Arbeiten sind in die Sicherheitsstufe 1 eingestuft.  Gentechnische Anlagen der Sicherheitsstufe 3 und 4 sind in Rheinland-Pfalz nicht vorhanden.

Freisetzungen

In Rheinland-Pfalz wurden bisher folgende gentechnisch veränderte Pflanzen freigesetzt: Mais, Raps, Zuckerrüben, Rippenmangold, Weinreben, Kartoffeln.

Inverkehrbringen (Anbau)

In Rheinland-Pfalz wurde bis zum Anbauverbot (ab 2009) im Rahmen von Sortenprüfungen gentechnisch veränderter Mais (MON810) angebaut.

Kontakt

Dr. Thomas Kaplan
Referatsleiter
Tel.: 06321 99-2210
Fax: 06321 99-32624
E-Mail: referat21(at)sgdsued.rlp.de