Das im Juli 2024 verfügte Verbot betraf das Befahren der Wasserfläche im Naturschutzgebiet „Fulder-Aue – Ilmen-Aue“. Bei dieser Wasserfläche, dem Rhein, handelt es sich um eine Bundeswasserstraße gemäß Wasserstraßengesetz (WaStrG). Demnach kann das Befahren der Bundeswasserstraßen in Naturschutzgebieten und Nationalparken durch Rechtsverordnung, die das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) erlässt, geregelt, eingeschränkt oder untersagt werden, soweit dies zur Erreichung des Schutzzweckes erforderlich ist. Für die Obere Naturschutzbehörde besteht in Bezug auf die Regelung des Befahrens von Bundeswasserstraßen in Naturschutzgebieten neben der Regelungsbefugnis des BMDV für diese Bereiche keine eigene Zuständigkeit auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes.
Gegen die Allgemeinverfügung vom 23.07.2024 wurden bei der SGD Süd zahlreiche Widersprüche eingelegt. Mit der angeordneten Aufhebung der Allgemeinverfügung haben sich diese Widersprüche erledigt. Die Widerspruchsverfahren werden eingestellt.
Das gesamte Verfahren hat allerdings gezeigt, dass im konkreten Fall für das betroffene Naturschutzgebiet „Fulder Aue – Ilmen Aue“ aus naturschutzrechtlicher Sicht Handlungsbedarf besteht.
Dem BMDV wurde ein Vorschlag für ein Nutzungskonzept übermittelt. Dieser zielt darauf ab, die bisherige Naturschutzgebietsbefahrensverordnung des BMDV zu überarbeiten und die Nutzung auch in den Sommermonaten einzuschränken, um so Wasservögel sowie Limikolen besser zu schützen.
Die Handlungserfordernisse und mögliche Regelungsansätze wurden im Rahmen der runden Tische mit den Vereinen, Verbänden und einzelnen Nutzerinnen und Nutzer dargestellt und erörtert.
Das Bundesverkehrsministerium entscheidet im Einvernehmen mit dem Bundesumweltministerium in eigner Zuständigkeit über den Vorschlag zur Änderung der Naturschutzgebietsbefahrensverordnung.
Hintergrund:
Die Stillwasserfläche zwischen Ingelheim und Bingen wurde bereits 1972 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Seitdem ist u.a. das Betreten des Gebietes außerhalb der Wege sowie der Inseln Fulder Aue und Ilmen Aue, der Sand- und Schlammbänke und der Leitwerke nach der Rechtsverordnung über das Naturschutzgebiet verboten.
Das Gebiet hat mit seinen Stillwasserbereichen und Inseln einschließlich ihrer Uferbereiche sowie Kies- und Sandbänken ganzjährig eine herausragende Bedeutung für brütende, mausernde, überwinternde und insbesondere für rastende Vogelarten. Es ist daher gleichzeitig Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 (Vogelschutzgebiet und FFH-Gebiet) sowie das einzige „Feuchtgebiet internationaler Bedeutung“ nach der RAMSAR-Konvention in Rheinland-Pfalz.
Dies hängt vor allem mit der Wassernähe zusammen, die den Vögeln ein weites Sichtfeld bietet und damit auch Arten mit hoher Fluchtdistanz Ruheflächen zur Rast garantiert, weshalb es sich hierbei auch um einen zentralen Bestandteil des Vogelschutzgebietes handelt. Das relativ milde Klima und die guten Nahrungsgründe erklären die Schlüsselfunktion des Gebietes als Brutgebiet sowie als Trittstein für den Vogelzug im Frühjahr und Sommer für zahlreiche Arten. Für das Vogelschutzgebiet „Rheinaue Bingen-Ingelheim“ ist in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten die Erhaltung oder Wiederherstellung der Auenbereiche mit den zugehörigen Flachwasserbereichen sowie Kies-, Sand- und Schlammflächen wegen der herausragenden Bedeutung als Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet als verbindliches Ziel festgelegt.