Hochwasserschutz
Hochwassergefahr am Oberrhein
Überflutete Wohnungen, Wasser auf Straßen, Plätzen und Feldern, Verkehrschaos und Versorgungsengpässe – von den unangenehmen und kostspieligen Schadensfolgen für Hausbesitzer, Mieter und Geschäftsinhaber ganz zu schweigen: Die Betroffenen leben mit einer ständig wiederkehrenden Bedrohung durch die Hochwasser des Rheins.
Hochwasser ist ein Naturereignis, seine Ursachen liegen in erster Linie in außerordentlichen Niederschlägen und starken Schneeschmelzen. Doch hat der Mensch durch unbedachte Eingriffe in den natürlichen Wasserhaushalt, wie die Begradigung der Flussläufe und die Versiegelung großer Flächen, manches dazu beigetragen, die Gefahren zu erhöhen.
Dabei ist die Situation am Oberrhein besonders brisant:
Der Mensch hat hier den Fluss sehr stark seinem Nutzen unterworfen und durch Rheinbegradigung sowie Deichbauten dem Rhein große Flächen zur Nutzung für Landwirtschaft, Industrie, Besiedlung und Verkehr abgewonnen; das Schutzbedürfnis der Anlieger ist im selben Maße stetig gewachsen. Entscheidend für die heutige Situation war jedoch der Staustufenbau: Große Flächen, die immer wieder überschwemmt wurden und somit Hochwasser zurückhalten konnten (Rückhalteflächen), wurden vom Rhein abgeschnitten. Dadurch hat die Sicherheit der gesamten Oberrheinniederung unterhalb Iffezheim vor Hochwasser deutlich abgenommen. Gleichzeitig haben die möglichen Hochwasserschäden drastisch zugenommen. Ein extremes Hochwasser wie das von 1882/83, bei dem die gesamte Oberrheinniederung überflutet war, würde sich heute noch verheerender als damals auswirken. Es bedarf dringend baulicher Maßnahmen, die dazu beitragen, die Hochwassergefahr deutlich zu verringern und die Überflutung der Deiche abzuwehren.
Hochwasserschutz ist folgerichtig ein zentrales Anliegen. Daher hat sich Rheinland-Pfalz gemeinsam mit den Oberrheinanliegern Frankreich und Baden-Württemberg bei der Planung und Realisierung von länderübergreifenden Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes stark engagiert. Ziel ist es, das Sicherheitsniveau aus der Zeit vor dem Staustufenbau wiederherzustellen. Aus dieser Kooperation ist eine länderübergreifende Hochwasserschutzkonzeption erwachsen, die mit zukunftsweisenden Maßnahmen zur Abwehr der Hochwassergefahr auf das berechtigte Schutzbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger an Ober- und Mittelrhein antwortet.
Hochwasserschutz am Oberrhein – Ziele und Lösungen
Der Hochwasserschutz in Rheinland-Pfalz umfasst in erster Linie folgende Maßnahmen:
- Bereitstellung von Hochwasserrückhaltungen durch Deichrückverlegungen und den Bau von Poldern,
- Verstärkung und Ausbau der Rheinhauptdeiche.
Entscheidend ist die Vergrößerung der Rückhalteflächen, all jener Flächen also, die andrängende Hochwasserwellen aufnehmen und dadurch ihre gefährlichen Scheitel abflachen können. Solche Flächen werden entweder durch Rückverlegung von bestehenden Deichen oder durch den Bau von Poldern gewonnen. Dem Rhein wird damit ein Teil der natürlichen Überschwemmungsräume, die für andere Nutzungen abgeschnitten wurden, vorübergehend zurückgegeben. Mindestens vier Deichrückverlegungen und acht gesteuerte Polder sollen dazu erstellt werden und dafür sorgen, dass Hochwasserwellen frühzeitig abgefangen werden. Seit 2013 sind zwei Deichrückverlegungen (am Standort Wörth/Jockgrim und Worms-Mittlerer Busch) und sieben gesteuerte Rückhaltungen (Daxlander Au, Wörth/Jockgrim, Mechtersheim, Flotzgrün, Kollerinsel, Bodenheim/Laubenheim und Ingelheim) einsatzbereit. Allein für diese einsatzbereiten Standorte wurden bereits mehr als 170 Mio. Euro verausgabt.
Wenn alle vereinbarten Hochwasserrückhaltungen verwirklicht sind, wird die Verschärfung der Hochwassergefahr als Folge des Staustufenbaues soweit reduziert, dass ein 200-jährlicher Hochwasserschutz am Oberrhein wieder gewährleistet ist.
In Anbetracht der immensen Schäden, die Hochwasser am Rhein verursachen können und auch bereits verursacht haben, müssen, zumal unter Berücksichtigung des Solidaritätsgedankens, Hochwasserschutzmaßnahmen ergriffen werden.
Denn: Hochwasserschutz dient dem Allgemeinwohl. In diesem Sinne sind auch der Bau der Hochwasserrückhaltungen
- Wörth/Jockgrim
- Sondernheim
- Flotzgrün
- Speyer
- Kollerinsel
- Waldsee/Altrip/Neuhofen
- Worms
- Bodenheim-Laubenheim
von allgemeinem Interesse.
Europäischer Hochwasserschutz an Rhein und Maas
Hochwasserschutz an Rhein und Maas ist eine länderübergreifende Aufgabe. Deshalb hat die Europäische Union auf Initiative von fünf europäischen Mitgliedstaaten das IRMA-Programm (Interreg-Rhein-Maas-Aktivitäten) entwickelt. IRMA unterstützt nationale und grenzüberschreitende Projekte, die einen Beitrag zur Vorbeugung und Reduzierung von Schäden und Risiken durch Überschwemmungen im Einzugsgebiet des Rheins und der Maas leisten. Das IRMA-Programm wird mit Geldern aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), einem der europäischen Strukturfonds, finanziert.
Die drei Pfeiler des IRMA-Programms sind Raumordnung, Wasserwirtschaft und Schadensverhütung. Für die Umsetzung der insgesamt 153 IRMA Projekte stehen ca. 141 Mio. Euro zur Verfügung.
Drei dieser geförderten IRMA-Projekte sind die Deichrückverlegungen
- Speyer, Gesamtkosten ca. 2,44 Mio. Euro, EU-Förderbeitrag ca. 0,69 Mio. Euro
- Worms Mittlerer Busch, Gesamtkosten ca. 8,6 Mio.Euro, EU-Förderbeitrag ca. 1,36 Mio. Euro
- Sondernheim, Gesamtkosten ca. 2,47 Mio. Euro, EU-Förderbeitrag ca. 247.000 Euro.